Im Ermland gingen in der Zeit zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag (Zwölften), die Sternsinger von Haus zu Haus, oft als Könige verkleidet, sangen Wunschlieder und sammelten Gaben ein. Landsmann Lilienweiß wusste sich auch auf den Brummtopf zu besinnen. Der ging wohl in ganz Ostpreußen um, auch in Pommern, da hieß er „Rummelpott“. Es waren drei junge Burschen mit Masken oder bemalten Gesichtern, spitzen Papphütten oder Kronen und langen weißen Hemden über die Hose hängend, mit bunten Schärpen in der Taille zusammengehalten. Zu ihren Liedern mit langen Wunschversen, – später wurden auch „Küchenlieder“ gesungen – tönte gleichmäßig, dumpf und geisterhaft der Brummtopf.
In Königsberg und besonders im Samland zwischen Ostsee und Deime, Pregel, Frischem und Kurischem Haff, gingen die „Dannekinder“ um, früher auch „Dannewiewer“. Die trugen ein Tannchen mit Rauschgold, kleinen Glöckchen und Tierfiguren, besonders mit geschnitzten, vergoldeten oder versilberten Fischchen dran. Ihr Lied begann:
Wir kommen hereingetreten,
Looop anne Linge
Mit Singen und mit Beten,
Loop anne Linge,
de Strußklangs klinge,
de Fischkes springe,
de Dannekinder singe
Diesen Brauch kennt man auch in anderen Gegenden, bald vor, bald nach Weihnachten, bald zur Fastnacht. Der Kehrreim „Loop anne Linge“ taucht in vielen ostpreußischen Zwölften- und Fastnachtsliedern auf. Vermutlich haben ihn vor Jahrhunderten schlesische Einwanderer mitgebracht, vielleicht auch niederrheinische. Es könnte „Lauf um die Linde“ bedeuten oder auch „Laub an der Linde“. Der Tanz um die Dorflinde ist ein Frühlings- und Sommerbrauch, in den allen Ländern in denen Linden wachsen. Frühlingsreigen um Obstbäume mit viel Lärm und Gesang sind ebenfalls in vielen Landschaften üblich gewesen. Der Tanz um Baume ist ursprünglich kultisch. Er galt dem Wunsch nach einem warmen Sommer, nach Liebe, nach Fruchtbarkeit.
Im Winter aber musste zu diesem Tanz der immergrüne Tannenbaum die Linde ersetzen. Mancherorts hängte man schon vor Jahrhunderten Früchte daran, woanders Rosen, – im Samland Fische als Sinnbild der Fruchtbarkeit.
Im Südteil Ostpreußens, aber auch in anderen Gegenden unserer Heimatprovinz, gingen bis zum letzten Kriege in den Weihnachtstagen die „Sternsinger“ oder „die Weisen aus dem Morgenland“. Einer von ihnen trug auf einer Stange einen drehbaren Papierstern, in dem ein Licht brannte. Die Begleiter des Sternträgers waren die Heiligen Drei Könige. Sie hatten weiße Hemden an und goldene Papierkronen oder hohe spitze Papiermützen auf. Einer von ihnen, der den König aus dem Mohrenland darstellen sollte, hatte sein Gesicht schwarz gemacht. Er trug vielfach ein an der Spitze blutigrot gefärbtes Schwert, was an den Kindermord des Herodes erinnern sollte, und eine kleine Puppenwiege mit einer Puppe darin. Ein anderer spielte auf dem „Brummbaß“, einem Lärminstrument. Zu den Brummtönen ihres Instrumentes trugen sie in eintönigem Sprechgesang ihre altertümlichen Lieder vor, die meistens mit der Strophe begannen:
„Wir treten herein ohn’ allen Spott!
Einen schönen guten Abend, den geb’
uns Gott.
Einen schönen guten Abend, eine fröhliche Zeit.
Die unser Herr Christus hat bereit’t!“
Die Umzüge der Sternsinger gehen wohl auf alte szenische Spiele zurück. Von ursprünglicher Handlung waren aber nur noch kümmerliche Reste vorhanden. In manchen Dörfern des Oberlands wurde dabei auch der Kindermord zu Bethlehem drastisch vorgeführt. Aber auch Reste des mittelalterlichen Kindelwiegens lebten in den ostpreußischen Sternsingerspielen. – Im Osten der Provinz, in der Gegend um Treuburg, schaltete man nach der Begrüßung das schöne, wohl aus dem 17. Jahrhundert stammende Lied von den drei armen Seelen vor der Himmelstür ein. Auch Spuren alter Hanswurstszenen ließen sich bisweilen in den Sternsingerspielen noch beobachten. Diese Sternsinger- oder Dreikönigsspiele, die sich mit erstaunlicher Zähigkeit in mündlicher Überlieferung von Generation zu Generation erhalten hatten, gehen auf kirchliche Spiele des späteren Mittelalters zurück.
In Masuren wurden neben diesen volkstümlichen, kleinen Szenen der Sternsinger in den Häusern auch alte Krippenspiele in den Kirchen aufgeführt, die angeblich seit Menschengedenken mündlich überliefert und Jahr für Jahr aufgeführt wurden.
Brummtopf
Wie macht man das?
Oder: Wie moak wi dat?
Den Brummentopf beschreibt Schaefer Krause aus Tharau-Braxeinshof:
Man nimmt ein kleines Holzfass und spannt darüber ein Kalbsfell. In die Mitte des Felles schneidet man ein Loch. Vom Pferdeschwanz die längsten Haare schiebt man in das Loch, in die Mitte schiebt man ein Holzknüppelchen, um den Haaren Festigkeit zu geben. (Damit ist die Vorrichtung fertig.) In einer Flasche macht man sich eine Aschenlauge fertig. Diese gießt man auf die Pferdehaare, dass dieselben feucht bleiben. Somit geht es los zum Brummtopflaufen. Gebraucht werden drei Personen, meistens aber laufen mehr junge Leute mit, um den Gesang zu verstärken. Einer hält das Fass gegen die Türe, der zweite zieht mit dem Pferdeschwanz, als ob man melkt. Der dritte gießt ab und zu auf die Haare. Dabei entsteht der brummende Ton. Die Begleiter singen dazu:
Wir treten herein ohn‘ allen Spott,
einen schönen Fastelabend, den geb‘ uns Gott!
Einen schönen Fastelabend, eine fröhliche Zeit,
die unser Herr Christus uns hat bereit‘.
Mit allen den Geschenken, die die Burschen beim Brummtopflaufen erhalten hatten, wurde dann, zusammen mit den jungen Mädchen, ein vergnügter Abend mit Tanzen und Essen gemacht. (Viele weitere Strophen des Brummtopfliedes, die alle Wünsche für jeden Hausbewohner enthalten, stehen im Liederbuch „Der Brummtopf“, Voggenreiterverlag, Bad Godesberg)
Quelle: „Vom Festefeiern in Ostpreußen“ von Hedwig von Lölhöffel-Tharau, Hamburg 1987
„Wir Ostpreußen“, Folge 22 vom 20.12.1949 „Alte Weihnachtsbräuche in Ostpreußen.“ Von Dr. phil. Habil. Erhard Riemann